Die heutigen Produkte aus dem Maschinenbau oder der produzierenden Industrie haben sich auf der ganzen Welt zu echten Verkaufsschlagern entwickelt. Oftmals sind diese Produkte aber auch preislich auf einem Niveau angelangt, in dem Kunden oftmals dreimal Schlucken müssen und überlegen wie eine Finanzierung aussehen kann, insbesondere im B2C-Business. Jetzt kann man – wie viele Automobilhersteller das seit vielen Jahren erfolgreich tun – eine eigene Bank gründen und die Produkte in Form von Leasing an den Kunden vergeben.

Oder man macht es der Softwareindustrie gleich: Bisher wurden Einmallizenzen verkauft, die sofort bezahlt werden mussten. Jetzt spricht man von sogenannten Fees oder Mietmodellen, die als eine Art Abonnement daherkommen. Diese werden nicht einmalig bezahlt, sondern immer wiederkehrend pro Monat oder Jahr und nur so lange wie sie auch tatsächlich benötigt werden.

Cloud-Produkte wie zum Beispiel Office 365 von Microsoft werden nur noch als Abo-Modell angeboten. Microsoft ist tatsächlich auch ein gutes Vorbild für den Wandel von einem Software-Anbieter zu einem Lösungsanbieter.

Gerade hochpreisige Industrieprodukte wie zum Beispiel Autos oder Landmaschinen befinden sich im Wandel vom Produkt- zum Lösungs- bzw. Serviceanbieter.

Dabei handelt es sich um eine Wandlung und Änderung des Geschäftsmodells. Bisher hat der Prozess des Autokaufs und der Nutzung des Autos so ausgesehen:

  • Der Kunde muss zu einem Händler (und nicht zum Produkthersteller selbst), um ein Auto zu kaufen. Dies erfolgt entweder per Barzahlung, per Kredit oder Leasing
  • Um die Versicherung, Steuer, das An- und Abmelden muss sich der Käufer selbst kümmern (das kostet viel Zeit und Nerven und vor allem auch Gebühren)
  • Während des Nutzung des Autos (was auf die Lebensdauer des Autos gerechnet im Schnitt ca. 5% ausmacht!) muss sich der Autobesitzer selbst um die Inspektion kümmern, bei Reparaturen muss er extra in die Werkstatt fahren (auch das kostet Zeit und Nerven und wieder viel Geld)

Als Lösungsanbieter könnte der Prozess folgendermaßen aussehen:

  • Der potenzielle Käufer hat im Internet alle für ihn notwendigen Informationen strukturiert zur Verfügung. Das Auto kann dort einfach konfiguriert und sofort gekauft werden (der Weg zum Händler entfällt, die tausend Konfigurationsmöglichkeiten sind auf wenige begrenzt, dafür aber sehr hochwertig für Alle und deswegen wird der Händler nicht mehr benötigt; Beispiel Tesla)
  • Das Auto wird in Form eines Abonnements gekauft (beispielhaft angeboten von zum Beispiel Volvo als Care-Paket oder auch von Sixt, der als ehemaliger Vermieter sein Geschäftsmodell dahingehend bereits geändert hat)
  • Dieses Abonnement ist meistens so ausgestaltet, dass per monatlicher Rate alles inklusive ist (Steuern, Versicherung, Inspektionen, Anmeldung, etc. außer Tanken). Sie können das Auto mit einer kurzen Vorwarnrist jederzeit tauschen und so sind Sie immer mobil.

Als Lösungsanbieter stellt der Autohersteller nicht mehr das Produkt Auto zur Verfügung, sondern die Mobilität. Beim Landmaschinenhersteller wäre es nicht mehr die Landmaschine selbst, sondern die Hilfe bei der Ernte oder beim Einlagern oder Aussäen. Denn warum sollte der Landwirt an 365 Tagen im Jahr eine so teure Landmaschine in der Scheune rumstehen haben, wenn er sie nur an beispielsweise 40 Tagen im Jahr für das Aussäen und die Ernte benötigt?

Damit werden aber auch große Vorteile für den Produkthersteller deutlich:

  • Daten zur Nutzung des Autos und welche Funktionen wann und weshalb genutzt werden, geben Aufschluss über mögliche neue Optimierungen und damit Verbesserungen für den Kunden
  • Engere Bindung zum Endkunden (bisher war dies nur über die Händler gegeben)
  • Kundenbedürfnisse können dadurch schneller und besser erkannt werden und führen wiederum zu Produktverbesserungen und damit zu mehr Kundennutzen

Leider gibt es aber auch einige typische Stolperfallen beim Schwenk des Geschäftsmodells vom Produkt zum Serviceanbieter:

  • Der Vertrieb bzw. der Vertriebler konnte perfekt das Produkt verkaufen. Einen Service zu verkaufen ist aber etwas völlig anderes! Auf einmal geht es nicht nur um den puren Verkauf des Produktes, sondern während des Produktlebenszyklus beim Kunden um Wartung, (vorausschauende) Instandhaltung und Support. Das nannte sich früher After Sales oder Service, hatte aber nicht die Dimensionen wie jetzt im Abo-Modell.
  • Die Produktion wird sich schnell beschweren, wenn nicht nur Standardprodukte hergestellt werden müssen, sondern auf einmal ein Kunde ein Produkt in spezieller Ausfertigung möchte, Losgröße 1: Wie schrecklich für die Effizienz! Hier sollte vorher klar sein wie damit umgegangen wird und was der Kunde tatsächlich individueller als beim Produkt bestellen kann
  • Als Serviceanbieter verkaufe ich mein Produkt wie bisher plus Zusatzbausteine: Das ist falsch! Das Geschäftsmodell ändert sich und nicht nur der Verkauf
  • Die Preis-Strategie: Hier wird es schwierig! Denn es besteht die Gefahr, dass die Lösung als Abo-Modell je nach Laufzeit günstiger ist als der Produktverkauf und sich damit der Umsatz vollständig wandelt, im worst case stark nach unten. Die Steuerung der Marge allerdings obliegt jetzt dem Hersteller des Produktes über die Laufzeit des Abonnements. Inwieweit ist das steuerbar, welches sind die Steuerhebel? Alles vollständig neue Fragen, die im Vorfeld zu klären sind.

Der Umstieg vom Produkt zum Lösungsanbieter ist mit vielen Vorteilen, aber auch möglichen Nachteilen verbunden. Wichtig zu verstehen ist, dass es nicht nur eine neue Verkaufsstrategie ist, sondern ein vollständig neues Geschäftsmodell.

By the way: Man könnte meinen, dass die Strategie zum Lösungsanbieter nur für OEMs gilt. Auch für Zulieferer gibt es einen Weg aus der Kostenfalle der vergleichbaren Produkte herauszukommen. Systemhersteller heißt das Zauberwort. Nur wenn der Zulieferer es schafft, von einzelnen Teilen in Massenproduktion auf das Geschäftsmodell als Systemhersteller zu wechselt besteht die Chance auf Einzigartigkeit. Damit muss die Wertschöpfungskette erweitert werden: Nicht nur auf genaue Bestellung hin einfach produzieren, sondern selbst Systembauteile entwickeln und damit in Vorleistung treten und ein Gesamtprodukt im Markt anbieten, welches zum einen von der Konkurrenz so gar nicht angeboten wird und zum anderen für den OEM Probleme löst, die er mit Einzelteilen gar nicht selbst lösen könnte.

Der Schwenk vom reinen Produktanbieter zum Lösungsanbieter ist zwar noch kein alter Hut, aber dennoch nichts völlig Neues. Trotzdem tun sich viele Unternehmen immer noch schwer damit. Nicht verwunderlich, denn es ist nicht nur ein neuer Verkaufsmechanismus, sondern das Geschäftsmodell ändert sich und damit auch die Prozesse und die Art mit dem Kunden zu interagieren. Und das ist auch die wesentliche Erkenntnis als Schlüssel zum Erfolg zum Lösungsanbieter.

Viel Erfolg beim Umsetzen oder Nachjustieren!

Es grüßt Sie herzlich

Volker Johanning

Ähnliche Blogbeiträge zum Weiterlesen: