Unsere Unternehmen und speziell unsere hochgradig fein gegliederte Industrie braucht Spezialisten und Expertentum. Ohne echte Spezialisten ist die heute zu erbringende Wertschöpfung gar nicht abbildbar.
Insbesondere in der IT-Abteilung eines Unternehmens finden sich solche Spezialisten. Manchmal eher abwertend für manche aber auch lobend und durchaus mit Stolz als Nerds bezeichnet.
Um eine IT-Organisation führen zu können, braucht es zweifelsohne diese Spezialisten für die diversen Programmiersprachen, für den Betrieb der Infrastruktur und auch für die IT-spezifischen Prozesse nach ITIL oder irgendwelchen anderen, ebenfalls sehr speziellen Standards.
Wenn der Chef einer solchen Abteilung nicht selbst als Spezialist in der Führungswelt untergehen will, dann muss er verstehen wie Spezialisten geführt werden. Auf der anderen Seite darf der Spezialist nicht nur mit engstirnigem Blick auf sein Spezialgebiet schauen, sondern er muss den Blick „für das Ganze“ haben!
Nehmen wir eine ERP-Einführung im Produktionsumfeld als Beispiel: Die an dem Projekt beteiligten Spezialisten achten nur auf „ihre“ Spezialaufgabe in dem Gesamtkomplex. In diesem Fall zum Beispiel auf das Einstellen oder Customizing einer Funktion für das Wiegen von Fertigteilen. Das wird irgendwann auch wunderbar funktionieren, aber haben die beteiligten Spezialisten erkannt, wozu diese Funktion des Wiegens von Fertigteilen wirklich für das Unternehmen und seine Kunden wichtig ist, also den „Beitrag zum Ganzen“ wirklich erkannt? Diese Wiegefunktion gab es vorher nicht und der Vertrieb hat immer nach Stückmengen verkauft in der Hoffnung, dass alle Fertigteile gleich viel wiegen. Jetzt hat sich aber herausgestellt, dass nicht alle Fertigteile gleich viel wiegen und das Unternehmen bisher ein deutlicher Anteil des eigentlich vorhandenen Umsatzes nicht realisiert werden konnte. Mit dieser neuen Funktion kann nach Gewicht genau abgerechnet werden und der Umsatz steigt. Wenn diese Auswirkungen den Spezialisten bekannt gewesen wären, dann hätte man auch gleich einen Report für die statistische Auswertung des Gewichts der Fertigteile und deren Umsatzentwicklung entwickeln können, um zu schauen wie es sich jetzt auswirkt. Das wäre der Blick „für das Ganze“ gewesen. Man versucht dies heute durch Ende-zu-Ende-Prozesse besser in den Griff zu kriegen, aber trotzdem ist es häufig noch ein Problem das „große Ganze“ und das „Warum“ im Blick zu haben.
Was ist jetzt in Bezug auf die IT aber der „Beitrag zum Ganzen“, wie kann der Spezialist zum Ganzen beitragen anstatt nur auf sein Spezialgebiet zu schauen?
Fragen dazu sind:
- Welchen Beitrag liefert die IT zum Gelingen des Unternehmens?
- Welchen Beitrag kann ich als IT-Spezialist zum besseren Ergebnis des Unternehmens beitragen?
Das ist wichtig zu verstehen. Denn leider sind viele IT-Spezialisten zum Beispiel Experten im Programmieren mit Java oder dem Entwickeln von Apps. Das ist per se eine wichtige Kenntnis. Die wesentliche Frage ist aber: „Wo trifft dieses Spezialistenwissen auf einen Nutzen im Unternehmen?“. Das meint: Wie kann der App-Entwickler einen Mehrwert für das Unternehmen schaffen?
Es geht darüber hinaus nicht um das „Ich bin …“ (z.B. App-Entwickler, CIO oder ITIL-Service-Manager). Da wird nur der Titel, also die Position im Unternehmen angegeben. Es geht vielmehr um eine Aussage, was er oder sie tatsächlich macht. Also: „Ich sorge in diesem Unternehmen dafür, dass …“. Der Satz könnte, um bei den oben genannten drei Beispiel-Positionen zu bleiben, abgeschlossen werden mit „Ich sorge in diesem Unternehmen dafür, dass
- …unsere Kunden nicht mehr umständlich per Telefon oder Fax bestellen müssen, sondern einfach über eine App auf dem Smartphone bestellen können und damit Zeit sparen und der Auftrag vor allem genauso ankommt wie er gemeint war. (App-Entwickler)
- …durch eine performante und moderne IT das Unternehmen effizient arbeiten kann und unsere Kunden den bestmöglichen Service zu Ihren Produkten bekommen“ (CIO)
- ….alle User im Unternehmen eine stabile und jederzeit verfügbare IT-Umgebung zum Arbeiten haben und Fehler schnell behoben werden, so dass jeder immer effizient arbeiten kann“ (ITIL Service Manager)
Überspitzt gesagt: Wenn jedem Spezialisten klar ist, wie er durch seine Arbeit zum großen Ganzen beiträgt, dann muss er im Grunde auch nicht mehr geführt werden. Denn er weiß ja, warum er es macht, wozu er beitragen wird und kann sich somit selbst führen.
Es grüßt Sie herzlich
Volker Johanning
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