Ich erlebe es in so vielen Projekten, dass munter von Digitalisierung erzählt wird, aber jeder etwas anderes darunter versteht. Das führt zu extremen Effizienzverlusten, denn wie soll Digitalisierung gelingen, wenn jeder im Unternehmen an was anderes bei dem Thema denkt. Und im schlechtesten Fall ist das noch nicht mal erkannt worden, weder vom Top-Management noch von den Mitarbeitern.

Gerade die IT und der CIO versuchen hier oft etwas Klarheit ins Dunkel zu bringen. Meistens werden sie aber nicht erhört, da es bei Digitalisierung um etwas „wichtigeres“ geht als nur IT. Da spielt Strategie eine Rolle und es geht weit über IT hinaus. Das ist per se nicht verkehrt, löst aber das Problem noch nicht.

Daher möchte ich einen Versuch wagen für eine Definition, die einfach gehalten ist und nicht den Anspruch auf ewige Richtigkeit besitzt, aber zumindest im Unternehmensalltag Klarheit schaffen kann worüber man eigentlich redet wenn es um Digitalisierung geht.

Aus meiner Sicht gibt es drei Ebenen der Digitalisierung:

  • Digitale Prozesse
  • Digitale Produkte
  • Digitale Geschäftsmodelle

In der Abbildung sind die Ziele und Beispiele für diese drei Ebenen der Digitalisierung dargestellt. Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang immer die Frage: „Wer im Unternehmen muss sich auf welcher Ebene mit Digitalisierung beschäftigen und wer hat welche Rolle?“. Klar ist jeder betroffen, aber Verantwortlichkeiten müssen auch im digitalen Zeitalter klar sein.

Die digitalen Prozesse hat es im Grunde aus meiner Sicht schon immer gegeben. Denn das sind die typischen Automatisierungs- und Prozessoptimierungsthemen. Daher auch oftmals der Zusatz 4.0, da es ja schon 1.0, 2.0, etc. gegeben haben muss. Im Grunde war das immer schon Aufgabe der IT, diese Automatisierung voranzutreiben. Das geschah und geschieht weiterhin enger Abstimmung mit den Prozessverantwortlichen oder Fachbereichsleitern.

Auf der Ebene 2, den digitalen Produkten wird durch neue Technologien wie Sensoren, dem Internet, etc. seit einiger Zeit Konnektivität und „smart“ möglich. Produkte werden vernetzt, können untereinander kommunizieren oder werden durch Sensortechnologie oder Elektronik „smart“. Dies ist primäre Aufgabe des Produktmanagements bzw. der technischen Entwicklung oder R&D-Abteilung. Die IT ist hier ebenfalls wichtig, denn sie liefert die für die Steuerung und Verwaltung der smarten und konnektierten Produkte notwendigen Apps und Service Portale.

Das Thema Digitale Geschäftsmodelle ist tatsächlich ein „Game Changer“. Denn auf dieser Ebene entstehen durch geschickte Nutzung der neuen Technologien neue Geschäftsmodelle und Vertriebsansätze, die wirklich revolutionär sein können (siehe die Plattform-Beispiele AirBnB (größter Vermieter ohne Hotels oder Häuser zu besitzen), Uber (größter Mobilitätsanbieter ohne Autos zu besitzen), etc.). Hier muss wirklich die Geschäftsführung und das Top-Management verstehen, welche neuen Möglichkeiten sich durch neue Technologien ergeben. Plattformen, Marktplätze, aber auch Vertriebsmodelle wie „pay-per-use“ oder „…as-a-Service“ können das bestehende Geschäft tatsächlich auf ein neues level heben. Die IT ist hier in der Rolle des Dienstleisters zur Entwicklung und zum Betrieb von neuen Plattformen oder der Abbildung neuer Vertriebsmodelle in bestehenden Systemen.

Das Dach über diese drei Ebenen bildet die Digitalisierungsstrategie mit der großen Frage: „Why?“. Also: Warum machen wir das eigentlich? Was ist der Sinn und Zweck von Digitalisierung auf diesen drei Ebenen in unserem Unternehmen? Dies wird dann in einer Digitalisierungsstrategie festgehalten und dient als gemeinsame Definition, an der sich alle im Unternehmen orientieren können.

Was jetzt noch fehlt, um auf diesen drei Ebenen Digitalisierung erfolgreich werden zu lassen, sind die Methoden und der Werkzeugkoffer. Darunter verstehe ich Methoden und Organisationsformen wie zum Beispiel

  • die Selbstorganisation / Holokratie
  • agile Methoden wie SCRUM
  • Design Thinking
  • Lean-Startup-Methode.

Das sind eher kulturelle Aspekte, die die Form der Zusammenarbeit ändern und dafür sorgen, dass auf den drei Ebenen wirklich produktive Ergebnisse erbracht werden können. Am Ende des Tages wird zwar das Produkt digital bzw. smart, aber dies geschieht nicht von alleine, sondern weiterhin durch Menschenhand bzw. Gehirn. Daher ist auch weiterhin im Unternehmen – trotz aller neuen und tollen Technologien – der Mitarbeiter das Wichtigste!

Einfachheit und Sinn sind aus meiner Sicht die wesentlichen Treiber für gelungene Digitalisierung im Unternehmen. Jeder im Unternehmen sollte das gleiche Verständnis über Digitalisierung haben und verstanden haben, warum es gebraucht wird. Dann kann es erfolgreich werden.

In diesem Sinne grüßt Sie herzlich

Volker Johanning

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