Google wird oft als Pionier und Erfinder der OKRs (Objectives and Key Results) genannt und nutzt diese Methode schon seit den frühen 2000ern. Seit einigen Jahren hat sich die OKR-Methode auch bei deutschen Start-Ups durchgesetzt und findet gerade den Weg in die traditionellen Unternehmen.
Schlicht gesagt steckt hinter den OKRs ein Führungsmodell auf der Basis von Zielen.
Nichts wirklich Neues könnte man auf den ersten Blick meinen, denn Zielvereinbarungen und Management by Objectives (MbO) ist in den Unternehmen seit vielen Jahren Usus.
Der Vorteil von OKRs gegenüber den bisherigen Zielvereinbarungen liegt in den folgenden Punkten:
- OKRs verbinden die Strategie/Vision direkt mit den Zielen von kleinen Teams
- Dabei sind die Ziele sind „auf Sicht“ angelegt, d.h. maximal drei bis sechs Monate in der Zukunft. Ganz im Gegensatz zur Strategie, die sehr langfristig (drei bis fünf Jahre) angelegt ist (und auch im Gegensatz zu den Zielvereinbarungen, die meistens ein Jahr als umfassen)
- Die Ziele (Objectives) müssen dabei immer auf die Strategie einzahlen, d.h. auf dem Weg zur Strategie die aktuell passenden Ziele sein, die den Weg zur Strategie weiter ebnen.
- OKRs schaffen damit Klarheit über die kurzfristig zu erledigenden Aufgaben im Unternehmen und sorgen für Transparenz
- Der Clou dabei ist, dass die emotionale Verbundenheit zu einem kurzfristig zu erreichenden Ziel über die drei Monate aufrecht erhalten bleibt und damit die Motivation groß ist, dieses Ziel auch zu erreichen. Bei der puren Verfolgung einer Strategie mit seinem langfristigem Horizont geht einem schnell der Atem aus und der Strategieprozess stockt oder wird abgebrochen.
Eine kurze Definition
Das „O“ von OKR steht für „Objectives“ (=Ziele:„WARUM machen wir das?“) und das „KR“ für „Key Results“ (=Ergebniskriterien:„WIE erreichen wir das Ziel?“). Um diese Ziele und Ergebnisse machbar und realistisch zu halten darf es maximal 5 Objectives und 4 Key Results geben. Weniger ist hier oftmals mehr: Es reichen daher oft 3 Objectives mit zum Beispiel maximal 3 Key Results pro Objective.
Die Ziele müssen immer auf die Strategie einzahlen und sollen sowohl top-down (von der GF bzw. Vorstand) als auch bottom-up (vom Mitarbeiter oder Team) definiert werden. Dabei hat sich die 40-60-Regel als sinnvollen Mix etabliert, also: 40% der Ziele kommen aus dem Management und 60% der Ziele stammen aus der operativen Ebene. Das fördert ungemein die Verantwortlichkeit und emotionale Verbundenheit für die Ziele bzw. Objectives bei allen Mitarbeitern.
Diese Findung und Definiton der Ziele bzw. Objectives findet quartalsweise, also alle drei Monate von Neuem statt. Daneben haben sich drei wesentliche Meetings zur effektiven Führung von OKRs als sinnvoll herauskristallisiert:
- Weeklies: Das sind wöchentliche Meetings, bei denen alle Beteiligten die erzielten Fortschritte mit Blick auf die Zielerreichung besprechen und die Maßnahmenplanung den Erfordernissen entsprechend anpassen.
- Reviews: Hier werden die Objectives, die Key Results sowie aufgetretene Hindernisse miteinander diskutieren. Es gibt dabei generell immer einen Backlog sowie eine Liste von „Dingen, die wir nicht tun!“, die in diesem Review immer zur Hilfe genommen werden.
- Retros: In diesem Meeting wird der OKR-Prozess als solcher von allen Beteiligten unter die Lupe genommen mit dem Ziel Rückschlüsse auf künftige Verbesserungsmöglichkeiten zu ziehen
Wie werden OKRs formuliert?
Bei den Objectives müssen folgende Dinge eingehalten werden:
- Objectives müssen die Frage nach dem “WARUM“ beantworten und nicht das „WAS“
- Ein Objective muss so formuliert sein, dass es einen Zustand in der Zukunft beschreibt.
- Objectives sind qualitativer Natur, d.h. keine Zahlen oder Prozentwerte, sondern welcher Nutzen und Mehrwert soll erreicht sein
- Objectives müssen immer ambitioniert sein und sollen sich im Idealfall unbequem anfühlen und herausfordernd sein
Bei den Key-Results sind folgende Dinge zu beachten:
- Die Key-Results als Ergebniskriterien beschreiben das „WIE“, zum Beispiel mit dem Satzgefüge „… in dem …“
- Key Results sind immer messbar, d.h. ZDF verwenden (Zahlen, Daten, Fakten)
- Relevanz ist wichtig: Trägt mein Key Result zum Objective bei im Sinne von „Welche Kernergebnisse sorgen wirklich dafür, dass das Ziel (Objective) eintritt?“
Ein kleines Beispiel für OKRs:
Vision: “Wir bauen Autos, in denen niemand mehr um Leben kommt!“
Strategie im Sinne eines strategischen Zielbildes: „Durch die modernste Software- und Forecasting-Technik können unsere Autos alle Verkehrshindernisse voraussehen, diese richtig einschätzen und damit sehr früh reagieren und Unfälle vermeiden.“
Auf dieser Langfriststrategie werden jetzt die ersten OKRs auf 3-Monats-Basis definiert, die sogenannte erste OKR-Periode:
- Objective: „Es ist eine erste Roadmap und Konzeptions-Entwürfe für die Entwicklung der benötigten Software- und Forecasting-Technik entstanden“
- Key Result: “Durch Research sind die modernsten 10 KI-Softwaretools in Bezug auf Verkehrsanalytik ermittelt worden“
- Key Result: “Validierung von fünf aktuellen Radar- und Sensormodulen im Sinne der Eignung für die Vision“
- Key Result: ”Es sind 5 Ideen entstanden für die Neu-Gestaltung des Autos im Sinne der Vision“
Jetzt folgt die Kaskadierung der OKRs auf die Bereiche (hier beispielhaft die beiden Bereiche IT und TE):
OKR für die IT
- Objective: „Um die Strategie zu erreichen, baut die IT KI-Kompetenz und Machine Learning Know-how auf“
- Key Result: „Es ist eine Skill-Matrix für alle Mitarbeiter der IT entstanden zur Analyse der KI-Kenntnisse inkl. Fit/Gap-Analyse“
- Key Result: „Es sind 7 Unternehmen am Markt identifiziert worden, die beim Aufbau von KI-Know-how helfen bzw. KI-Software besitzen, die intern adaptiert werden kann“
OKRs für die TE (Technische Entwicklung oder R&D):
- Objective „Suchen nach einer Radar-Lösung am Markt, die den Anforderungen der Strategie gerecht wird“
- Key Result: Die Anforderungen an ein hochpräzises Radar sind zu 80% detailliert spezifiziert.
- Key Result: Es sind fünf Unternehmen identifiziert, die sich auf die hochpräzise Radarentwicklung spezialisiert haben
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Umsetzen der OKR-Methode in Ihrem Unternehmen. Scheuen Sie sich nicht Fragen zu stellen oder Kommentare zu hinterlassen.
Es grüßt Sie herzlich
Volker Johanning
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