Das Innovators Dilemma – Wie kriegt man es in den Griff?

Vermutlich haben die meisten schon davon gehört: Das Innovators Dilemma! Erschienen schon vor mehr als zwanzig Jahren hat das Buch von Christensen „Innovator’s Dilemma“ (1995) heute mehr Brisanz denn je.

Worum geht es?

Traditionelle Unternehmen haben einen Technologiesprung zwar kommen sehen und auch versucht darauf zu reagieren, sind aber gescheitert! Das Schlimme daran: Die Unternehmen haben es nicht nur kommen sehen, sondern haben durchaus richtig reagiert und alles Notwendige unternommen. Und trotzdem gibt es sie nicht mehr!

Ein Beispiel dafür ist NOKIA. Dort hat man zu spät erkannt, dass ein Handy nicht nur zum Telefonieren oder Emails abrufen dient, sondern ein vollständiges mobiles Internet abbilden kann und mit der Idee des App-Store offen ist für Entwickler, die alle möglichen Funktionen auf das Handy transportiert haben. Als man diesen Technologiesprung wirklich akzeptierte, war trotz riesigem F&E-Budget das Rumreißen des Ruders nicht mehr möglich. Der Disruptor war hier Apple mit dem iPhone.

Ein weiteres Beispiel sind die Zeitungsverlage in Bezug auf die Inserate, die nun auf Web-Plattformen anstatt in der Printversion der Zeitungen zu finden sind. Hier ist der Technologiesprung das Internet; damals im B2C-Markt und gerade aktuell im B2B-Markt (siehe dazu den Artikel zum Plattform-Business). In den Anfängen der 2000er hat zum Beispiel die FAZ nahezu 200 Seiten Stelleninserate in der Wochenendausgabe der Zeitung gehabt. Eine ganze Seite Stellenanzeige kostete ca. 60 T€, bei 200 Seiten sind das 12 Mio. € pro Ausgabe. Auf den Internetplattformen wurde pro Stellenanzeige ca. 200-500 € gezahlt. Was war die Konsequenz? Es sind im Laufe der Zeit alle Unternehmen auf die B2C-Plattformen umgestiegen, um Kosten zu sparen; und das bei noch besseren Reichweiten von Lesern bzw. potentiellen Bewerbern. Die großen Zeitungen haben das Internet mit seinem Plattformen in der Anfangszeit als einen zu kleinen Markt wahr genommen und die Renditen als zu gering angesehen. Als man den Technologiesprung akzeptierte, war es auch hier oftmals zu spät bzw. sehr teuer. Denn einige Zeitungsverlage haben das Blatt wenden können durch den Aufkauf der Internet-Konkurrenz. Das war zwar teuer, hat einigen wenigen aber die Zukunft gerettet.

Was lernen wir daraus?

Unternehmen dürfen in Phasen von großen Veränderungen durch Technologiesprünge nicht ökonomisch rational handeln. Diese Phasen wurden schon damals von Christensen als disruptive Phasen bezeichnet und sind heute aktueller denn je. Die folgenden zwei Handlungsanweisungen hätten einige Unternehmen retten können, obwohl sie jedwedem unternehmerischen Denken widersprechen:

  • Margen akzeptieren, die unter der üblichen Renditeerwartung liegen!
  • In Märkte investieren, die in der Anfangszeit noch als viel zu klein erscheinen!

Hinzu kommt, dass diese großen Unternehmen natürlich im Gegensatz zu potentiellen Disruptoren wie ein behäbiger Dinosaurier erscheinen. Eine schnelle, unbürokratische und womöglich noch agile Umsetzung eines neuen Geschäftsmodells erscheint oftmals utopisch.

Woran erkennt man nun solche disruptiven Phasen bzw. Technologiesprünge und was kann man tun?

Diese Frage ist tatsächlich nicht leicht zu beantworten.

Mussten Geschäftsführer und Manager „früher“ dafür sorgen, dass das Geschäft weiter wächst, so stehen diese in der heutigen Zeit des digitalen Wandels durch immer neue Technologiesprünge vor der Herausforderung: Leben oder Tod!

Weiterleben ist nur möglich, wenn Technologiesprünge frühzeitig erkannt werden und dann auch noch irrational wie oben dargestellt auf diese reagiert wird. Nicht nur, dass der Geschäftsführer dies erkannt haben müssen: Machen die Gesellschafter und Aktionäre bei den nun zwingend folgenden Investitionen in kleine und renditeschwache Märkte mit? Das ist eine wahre Herkulesaufgabe!

Eine weitere wichtige Frage zur Abwendung des Innovators Dilemmas ist:

Wo auf der eigenen Wertschöpfungskette sind Angriffspunkte für potentielle Disruptoren zu finden?

Wichtig dabei ist, dass Sie dabei nicht an ihre Kernkompetenzen denken. Denn diese sind immer nach innen gerichtet und geben Antworten darauf, wo sie aktuell erfolgreich sind. Ob das aber auch in der Zukunft noch so Bestand hat? Daher müssen Sie den Nutzen Ihres Produktes oder Ihrer Dienstleistung hinterfragen und überlegen wie man diesen Nutzen auch anders für den Kunden erfüllen kann. Denn diese „andere“ Nutzenerfüllung kann schon die Disruption sein. In seinem Buch schreibt Christensen dazu: „Laufen Sie nicht dahin, wo der Ball ist, sondern wohin er gespielt wird.“

Sie müssen selbst zum Angreifer werden und Disruptor ihres eigenen Geschäftsmodells werden. Sorgen sie für Freiraum und setzen sie sich und ein paar motzende, aber mutige und neugierige Mitarbeiter an die folgenden Fragen:

  • Wo auf unserer Wertschöpfungskette würde ich uns idealerweise angreifen?
  • Welche Technologien (wie zum Beispiel KI, B2B-Plattformen, Cloud, etc.) haben das Potenzial uns gefährlich zu werden? Und wie?
  • Wie kann ich den Nutzen unserer jetzigen Dienstleistung oder unseres Produktes unserem Kunden sonst noch darbieten? Welche Technologien können diesen Nutzen auf eine neue Art und Weise unserem Kunden bieten?
  • Was braucht es in unserem Unternehmen, damit wir agil und unabhängig vom Tagesgeschäft an solchen Fragen arbeiten können?

So hart es klingen mag: Am Ende hilft nur die Disruption des eigenen Geschäftsmodells, sei es aktuell noch so erfolgreich. Hier finden Sie eine Case-Study für einen Disruption-Sprint. Viel Erfolg bei der Selbst-Disruption!

Mehr dazu unter Digitalisierungsstrategie

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